Folge 11: Atlas zu dem Handbuche der Bergbau- ...

Carl Friedrich Alexander Hartmann (Hrsg.): Atlas zu dem Handbuche der Bergbau- und Hüttenkunde, welcher mittelst Beispielen [...]. (Weimar : Voigt, 1858). 45 Ill. (Kupfertaf.).

Erschienen im Mai 2017

Das Lieblingsbuch von Sebastian Haumann

Sebastian Haumann hat sich in den vergangenen Jahren mit Kalkstein als Industrierohstoff bei der Eisen- und Stahlherstellung des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Er war in diesem Zusammenhang 2015 Scholar in Residence in der Eisenbibliothek. Sein Lieblingsbuch gibt Einblick in einen Hochofen «in Aktion» und in die Arbeitsabläufe und Vorstellungswelt der Eisenhüttentechnik zu einem Zeitpunkt, als sich diese in einem fundamentalen Umbruch befand.

Der Leser

Das Buch

Carl Friedrich Alexander Hartmann (Hrsg.): Atlas zu dem Handbuche der Bergbau- und Hüttenkunde, welcher mittelst Beispielen aus den wichtigsten Berg- und Hüttenwerken ein vollständiges Bild in Beziehung auf Aufsuchung, Gewinnung und Zugutemachung der nutzbaren Mineralien darbietet. (Weimar : Voigt, 1858). 45 Ill. (Kupfertaf.).

Hartmanns rege Publikationstätigkeit dokumentiert die raschen und tiefgreifenden Veränderungen im mittleren 19. Jahrhundert. Die einschneidendste Neuerung war die Umstellung der Eisenerzverhüttung von Holz- auf Steinkohle, die im deutschsprachigen Raum in den 1850er-Jahren zum Durchbruch gelang. Das Handbuch der Bergbau- und Hüttenkunde von 1858 ist ganz von diesem epochalen Wandel gezeichnet. Denn die Umstellung auf den fossilen Brennstoff eröffnete nicht nur neue Möglichkeiten. Sie war in erster Linie eine Herausforderung für die Eisenhüttentechnik. Der gesamte Verhüttungsprozess musste neu gestaltet werden, angefangen bei der Auswahl der verwendeten Rohstoffe – Erze, Kohlen und Zuschläge – über die Konstruktion der Hochöfen, bis zu den Verfahren, in denen die Rohstoffe vorbereitet und in den Hochofen gegeben wurden.

Durch die Öffnung am oberen Ende des Schachtes wurden Eisenerze, Steinkohlekoks und Kalkstein als Zuschlag schichtweise in die glühende Hitze, auf die sogenannte Gicht, gegeben. Dabei kam es darauf an, die Rohstoffe in möglichst gleichmäßigen Lagen aufzutragen. Das oben aufgegebene Material sackte unter dem Einfluss der Hitze allmählich in sich zusammen. Die in sich zusammengesackte, glühende Masse wurde dann am Fuß des Hochofens, wo die Hitze am größten war, abgestochen. Dazu öffneten Arbeiter eine Luke im Schacht und ließen die Roheisenmasse und die sich an der Oberfläche absetzende flüssige Schlacke ausfließen.

Bei Hartmanns Darstellung wird auch deutlich, wie sehr die Verfahrensabläufe auf zeitgenössischen Annahmen über den thermo-chemischen Prozess im Hochofen, der zu dieser Zeit noch kaum beobachtet oder gemessen werden konnte, basierten. Auffallend ist die grafische Betonung der nach unten absinkenden Schichten aus Erzen, Steinkohlekoks und Zuschlägen, mit dem Hartmann eine bestimmte Vorstellung von dem, was im Inneren des Hochofens vor sich ging, visualisierte. In der Abbildung wird gezeigt, dass die Rohstoffe in klar voneinander abgegrenzten Schichten nach unten absinken und im unteren Drittel des Ofens in eine glühende Masse aus Roheisen und Schlacke übergehen. Im Absinken durchliefen die Rohstoffe demnach mehrere Zonen, in denen sie sich unter der Hitze zersetzten und ihre Bestandteile dann chemisch miteinander reagierten.

Das Buch im IRONCAT

Hartmanns Atlas im Katalog der Eisenbibliothek