Folge 10: Vrsprung gemeynner Berckrecht ...

Johann Haselberg: Der Vrsprung gemeynner Berckrecht, wie die lange Zeit von den alten erhalten worde[n], darauß die Künigklichen vn[d] Fürstlichen bergks ordnungen vber alle Bergrecht geflossen [...]. (Strassburg 1535).

Erschienen im Februar 2017

Das Lieblingsbuch von Franziska Neumann

Franziska Neumann hatte im Juni 2016 als Scholar in Residence die Möglichkeit, sich intensiv mit der einzigartigen Sammlung frühneuzeitlicher Drucke zum Bergbau in der Eisenbibliothek zu beschäftigen. Als Lieblingsbuch hat sie eine Edition bergrechtlicher Texte ausgewählt, die der frühneuzeitliche Tausendsassa Johann Haselberg in den 1530er Jahren zusammengestellt und in grosser Auflage verkauft hat.

Die Leserin

Das Buch

Johann Haselberg: Der Vrsprung gemeynner Berckrecht, wie die lange Zeit von den alten erhalten worde[n], darauß die Künigklichen vn[d] Fürstlichen bergks ordnungen vber alle Bergrecht geflossen. [...]. (Strassburg 1535).

Am Ende fällt die Entscheidung aber doch eindeutig zu Gunsten des eher unbekannten, aber nicht minder interessanten «Der Ursprung gemeynner Berckrecht» von Johann Haselberg, das vermutlich zwischen 1535 und 1538 entstanden ist. Das Buch ist eine Kompilation bergbaulicher Texte vom 13. bis zum 16. Jahrhundert und umfasst unter anderem neben dem Bergbüchlein von Ulrich Rülein von der Calw auch das Freiberger Bergrecht B, ein Glossar bergbaulicher Begriffe und die berühmte Annaberger Bergordnung von 1509 mit ihren Erweiterungen bis 1536.

Anders als Autoren wie Ulrich Rülein von der Calw oder Georg Agricola lässt sich Haselbergs Interesse am Bergbau weniger aus seiner eigenen Erfahrung, sondern vielmehr aus einer ökonomischen Motivation heraus erklären. Kleine Bücher wie das 44 Blätter umfassende „Der Ursprung gemeynner Berckrecht“ waren günstig zu haben und kamen im handlichen Quartformat daher. Leider wissen wir nur wenig über die konkrete Auflagenzahl oder den genauen Preis des Büchleins. David Conolly, der wohl beste Kenner von Haselbergs bergrechtlicher Schrift vermutet bei einer allgemeinen Auflagenhöhe zwischen 1'000 und 1'500 Exemplaren gut verkaufter Werke im 16. Jahrhundert, dass die Auflagenhöhe von Haselberg vermutlich eher am oberen Rand anzusiedeln sei. Conolly selbst kam auf 16 überlieferte Exemplare, wobei er das Exemplar der Eisenbibliothek übersehen hat. Nicht zuletzt einer der Gründe, genau diesen Band zum Lieblingsbuch zu erklären.

Der Besitzer des Bandes, welches sich nun in der Eisenbibliothek befindet, nutzte seine Ausgabe jedenfalls intensiv, denn der gesamte Text ist mit handschriftlichen Querverweisen, Anmerkungen und Erweiterungen versehen. Damit verweist das kleine Exemplar in der Eisenbibliothek auf ein Phänomen, was zumeist im Verborgenen liegt, nämlich die Frage der Nutzung solcher Bücher. Der «Ursprung gemeynner Berckrecht» ist als Kompilation – auch zeitlich – sehr unterschiedlicher bergrechtlicher Texte nicht dazu gedacht, linear in einem Stück gelesen zu werden. Vielmehr lädt es zum gelegentlichen Nachschlagen und Vertiefen ein. Und genau dies tat auch der unbekannte Besitzer des Büchleins im 16. Jahrhundert: Er zog Querverweise zwischen verschiedenen rechtlichen Bestimmungen in den Bergordnungen, er erweiterte das Register über Begriffe des Bergbaus um eigene Einträge und notierte zusätzliche rechtliche Bestimmungen für gewisse Bereiche des Bergbaus.

Während sich die prächtigen und entsprechend teuren Folioausgaben von «De Re Metallica» mit ihren wunderschönen Illustrationen an ein eher exklusives, aber nicht notwendigerweise auch im Bergbau tätiges Publikum richtete und als kostbare Bände in Bibliotheken gesammelt wurden, zielten populäre Traktate wie  «Der Ursprung gemeynner Berckrecht» auf ein breiteres und vermutlich im Bergbau engagiertes Publikum und eine eher praxisnahe Nutzung: eine Nutzung und vor allem ein Publikum, dass leider in aller Regel im Verborgenen bleibt. Dank des überlieferten Exemplars in der Eisenbibliothek können wir zumindest einen kleinen, wenngleich nur schemenhaften Eindruck gewinnen, wie solche Bücher zeitgenössisch rezipiert und genutzt wurden. Welch bessere Begründung kann es für ein Lieblingsbuch geben!

Das Buch im IRONCAT

Haselbergs Buch im Katalog der Eisenbibliothek